Der Blick auf Grün:
Gut gegen Stress und für die Gesundheit

Der amerikanische Wissenschaftler Roger S. Ulrich erforscht seit langem, welchen Einfluss eine „grüne Umwelt“ auf unser Stressempfinden und unsere Gesundheit hat. Besonders wichtig ist ihm die Frage, wie Stress abgebaut werden kann.

Stress wird von den meisten Wissenschaftlern als Reaktion auf oder als Anpassung an eine anstrengende Situation definiert, die das Wohlbefinden beeinträchtigt oder bedroht. Häufig führt Stress zu deutlichen Schädigungen des psychischen Wohlbefindens, der Leistungsfähigkeit und der Gesundheit. Abhängig von Intensität und Dauer der Stressreaktion kann es zu unterschiedlichen Symptomen kommen:

  • Angst, Wut und Aggressivität
  • Schlaflosigkeit
  • Alkohol- oder Drogenmissbrauch
  • Erhöhter Blutdruck
  • Muskelverspannung

Stress-Killer

Orchideen Viele Studien liefern bereits heute überzeugende Ergebnisse für die Hypothese, dass der bloße Anblick von Pflanzen  zu Stressabbau und Regeneration führen kann. Ulrich zeichnete bei seinen Untersuchungen vor allem die physiologischen Reaktionen der Menschen auf: In einem Laborexperiment konfrontierte er 120 Versuchspersonen mit einem stresserzeugenden Film. Anschließend wurden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine sah in der “Regenerationszeit” nach dem Film Videoaufnahmen mit urbanen Räumen ohne Natur, die andere Aufnahmen mit natürlicher Vegetation. Die Probanden wurden dann darum gebeten, Fragebögen auszufüllen und ihre Gefühle einzuschätzen. Darüber hinaus wurden bei ihnen vier physiologische Messungen durchgeführt: Messungen der Leitfähigkeit der Haut, der Muskelspannung, der Pulskurve und der Herzfrequenz.

Das Ergebnis: Alle Befunde deuteten darauf hin, dass Menschen Spannungen besser abbauen, wenn sie Pflanzen betrachten. Der höhere Regenerationsgrad ließ sich beispielsweise an der stärkeren Blutdrucksenkung, der Senkung der Muskelspannung und der Leitfähigkeit der Haut ablesen. Insgesamt erfolgte die Regeneration in diesen Fällen auch schneller. Nach weniger als fünf Minuten zeigten die Messwerte einen deutlichen Spannungsabbau. Eine bahnbrechende Erkenntnis, wenn man bedenkt, welchen Stressfaktoren sich die meisten Menschen täglich am Arbeitsplatz, im häuslichen Umfeld und anderen Gebäuden aussetzen müssen.

Zimmer mit Aussicht

Zimmer mit Aussicht Die Erkenntnis, dass schon eine kurze Konfrontation mit Pflanzen sich positiv auf den Stressabbau auswirkt, führte zu der Annahme, dass Langzeit-Kontakte dauerhaften positiven Einfluss auf unser psychologisches und physiologisches Wohlbefinden haben könnten. Ulrich stützte diese Hypothese mit einer Untersuchung an Krankenhauspatienten. Es wurden Probanden gesucht, bei denen ein chirurgischer Eingriff vorgenommen werden sollte. Sie wurden nach bestimmten, vergleichbaren Kriterien (Alter, Gewicht und Gesundheitszustand) zu Paaren zusammengestellt. Anschließend wurden sie willkürlich auf Krankenzimmer verteilt, die bis auf die Aussicht völlig identisch waren. Ein Proband eines jeden Paares sah von seinem Fenster aus Bäume, der andere hatte die Aussicht auf eine Ziegelmauer. Es zeigte sich: Die Patienten mit dem Blick ins Grüne hatten weniger postoperative Komplikationen wie Kopfschmerzen oder Übelkeit, benötigen weniger und schwächere Schmerzmittel und konnten das Krankenhaus schneller verlassen. Eine Erkenntnis, die langfristig nicht nur den Patienten zugutekommen kann, sondern auch zu deutlichen Einsparungen im Gesundheitswesen führen könnte.