LBS Hannover:
Gartenlandschaft unterm Glasdach

Wenn eine Bank mit Baufinanzierung und damit mit Bauen und Architektur zu tun hat, ist eigentlich klar, dass die eigenen Gebäude hohen ästhetischen und technischen Ansprüchen genügen müssen. Weit weniger eindeutig beantwortet ist vielfach die Frage, ob dabei auch die Grünraumgestaltung eine wesentliche Rolle spielt. Wie sich Architektur, Gartenanlage und großräumige Innenbegrünung in einem in sich schlüssigen Konzept verwirklichen lassen, zeigt das Verwaltungsgebäude der Landesbausparkasse in Hannover in der Nähe des ehemaligen Expo-Geländes beispielhaft auf.

Das Auffälligste der Architektur der Zentrale und des angeschlossenen Rechenzentrums sind die Glasflächen, die die Baukörper umhüllen. Die Verwaltungseinheit sind genau genommen fünf Gebäude, die eine Glaskonstruktion komplett überspannt und verbindet. Die Flächen zwischen den Bauten bieten Raum für großzügige Gartenanlagen, die auch von Beginn an geplant und entsprechend gebaut wurden. Drei der Gärten sind dem mediterranen Raum nachempfunden, der Eingangsbereich mit Cafeteria bietet tropisches Ambiente.

Verbindung zur Außenanlage

LBS Hannover Alle Gärten wurden mit dem Gebäude zusammen geplant und stellen bewusst jedes Mal die Verbindung zur Außenanlage her, die durch große Schiebetüren mit den Innenhöfen verbunden sind. Innen- und Außenbereich gehen so ineinander über. 2002 erhielt das Konzept die Auszeichnung in der Kategorie „Gestaltung und Nutzung“ eines Firmengarten-Wettbewerbs der Stadt Hannover, an dem die Fachverbände des GaLaBaus und der Landschaftsarchitekten beteiligt waren. Die Jury hob dabei vor allem die ganzjährige Nutzung für die Mitarbeiter hervor.

Frischluftzufuhr

Schon in der Planungsphase konnte die LBS die positive Wirkung der Wintergärten berücksichtigen. „In erster Linie sind sie für die Mitarbeiter gedacht und gebaut worden”, erläutert Horst Dreger. „Jeder sollte einen Arbeitsplatz mit Tageslicht und dem Blick ins Grüne haben.“ Beides stellen die Innenhöfe sicher. Der Großteil der Mitarbeiter kann aus den recht kleinen Büros in die Gartenanlage sehen, deren zweite wichtige Funktion der Beitrag zur Belüftung und Klimatisation der Büroräume ist. In allen Büros lassen sich die Fenster zum Innenhof hin öffnen. Eine temperierte Frischluftzufuhr ist somit ganzjährig gesichert, da in den Innenhöfen die Temperatur auch im Winter nur selten unter sechs bis acht Grad sinkt.

Wärmehaushalt

Positiven Einfluss haben die Wintergärten auch auf den Wärmehaushalt, ein Aspekt, der mit Blick auf den effizienten Einsatz von Energie nicht zu unterschätzen ist. Für die Bauphase war schon wichtig, dass die zu den Innenhöfen liegenden Außenwände weniger stark wärmegedämmt sein mussten. Dies machte eine einfachere Bauausführung möglich. Dank des Glasdaches gibt es keine Minusgrade im Winter. Im Sommer heizen sich die Höfe trotz oder gerade wegen der Glaskonstruktion nicht zu stark auf. Die Dachfläche ist mit Sonnenschutzglas eingedeckt, mit alle den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum, doch dazu später.

Pflanzen, Wasser, Stein und Holz

LBS Hannover Die vom Hamburger Büro Isterling und Partner geplante Anlage setzt auf die drei Elemente Pflanze, Wasser und Naturstein, kombiniert mit Holz. Sehr auffällig im Eingangsbereich der 18 Meter lange Ouellstein aus schwarzem Granit, zum dem sich im Hintergrund ein ausdrucksstarker Ficus lyrata gesellt. Farbige Akzente setzen Strelitzien, die wie die übrigen Pflanzen in Dauersubstrat bedeckt mit weißem Splitt wachsen.

Heller Kalkstein prägt den zweiten Wintergarten. Aus einem Belag aus gleichfarbigem Splitt wachsen Pilosparum tobira, Myrtus pumila und Viburnum tinus. Blickfang sind aber die haushohen australischen Silbereichen, Grevillea robusta. Eine Gruppe sitzender hölzerner Figuren, ursprünglich aus dem rumänischen Pavillon der EXPO 2000, belebt diesen Wintergarten zusätzlich. Zusammen mit Sitzgelegenheiten bilden sie eine Art Denker-Ecke.

Im dritten Hof herrschen gelb-braune Farbtöne vor. Das trockene Braun der Korkeichen, Quercus subor, und Jurakalk sowie stumpfe Grüntöne der Vegetation mit Wistringa fructicosa, Grevillea juniperina und Cistus albidius, unterstreichen den felsigen Charakter dieses Wintergartens. Der vierte Wintergarten erinnert mit seinen fruchttragenden Gehölzen, den Feigen- und Olivenbäumen mit Zitronen- und Mandarinenbäumchen an eine Plantage.

Pflege

LBS Hannover Für Kremkau bedeutet die Pflege des 1200 Quadratmeter großen Areals nahezu ständige Präsenz. Mindesten alle zwei Tage, bei Bedarf auch häufiger, sind Pflege- und Reinigungsmaßnahmen nötig. Bewässert wird grundsätzlich automatisch mit einer Tröpfchenbewässerung, über die auch die Düngung läuft. Die Nährstoffzusammensetzung wird je nach Jahreszeit und vor allem nach den Ergebnissen von regelmäßigen Bodenproben bedarfsgerecht eingestellt. Die Technik für den getrennten Gieß- und Bachwasser-Kreislauf ist jeweils im Keller untergebracht.

Trotz der Automatisierung ist es nach Aussagen von Lutz-Peter Kremkau notwendig, ständig zu kontrollieren und je nach Wetter und Pflanzenart per Hand nachzugießen. Kremkau hat 2003 die Pflege der gesamten Anlage mit seinem Unternehmen Kremkau Raumbegrünung übernommen. Dabei fand er eine Reihe von kleineren und größeren Problemen mit der Gesundheit der Pflanzen vor. Wollläuse oder Dickmaulrüssler gehören jetzt der Vergangenheit an. Durch den Einsatz von Nematoden, systemischen Pflanzenschutzmitteln, gezielten Schnittmaßnahmen und regelmäßiger Pflege mit Neemöl zeigen alle Gärten eine wohltuende Vitalität.

Als wichtigste Pflegemaßnahme sieht Kremkau die regelmäßigen Waschvorgänge an. „Wir duschen die Pflanzen zweimal im Jahr und simulieren damit quasi Regengüsse. Das wirkt sich sehr positiv auf die Pflanzen aus.“ Diese Arbeit wird durch eine unter den Glasflächen laufenden Arbeitsgondel deutlich erleichtert. Mit diesem technischen Hilfsmittel lassen sich auch die regelmäßigen Schnittmaßnahmen, beispielsweise an den Gevilleen einfacher durchführen. Bei solchen Aktionen, die immer am Wochenende durchzuführen sind, um nicht den Geschäftsbetrieb zu stören, ist dann ein Team von fünf bis sechs Leuten im Einsatz. „Wir gehen dabei sehr vorsichtig zu Werke und decken die komplette Fläche vor her mit Folie ab, damit sie nicht verschmutzt.“

Know-how

Gebaut hat die Gärten zusammen mit der Außenanlage der Betrieb Kaiser, ein Fachkollege aus dem GaLaBau. Eine Arbeitsteilung, bei der ein GaLaBau-Fachbetrieb baut und ein auf die Raumbegrünung spezialisiertes Unternehmen später die Pflege übernimmt, sieht Kremkau durchaus als angebracht und vernünftig an. „Für so große Anlagen fehlt uns Innenraumbegrünern vielfach die technische Ausstattung, die nötig ist, die Massen zu bewegen oder auch das Know-how im Wege- und Natursteinbau. Dafür kennen wir uns einfach besser mit den Pflanzen für Innenräume aus, wissen aus Erfahrung, was funktioniert und was nicht.“

LBS Hannover Irrtümer passieren eher bei den mediterranen Anlagen, seltener wenn es um die tropische Pflanzenauswahl geht. „Mediterrane Pflanzen haben das deutlich höhere Lichtbedürfnis, das vergessen viele.“ Einen Problemfall gibt es deshalb auch bei der LBS. Einer der Gärten ist einem herrschaftlichen toskanischen Landsitz nachempfunden. Mit Lavendel gefasste Rabatte bilden den Rahmen für Großgefäße mit Zitronen- und Mandarinenbäumen. Die großen Pflanzen versagen wegen Lichtmangel. Ursache dafür ist das Sonnenschutzglas im Dach. Es lässt zwar genug Licht für die Helligkeit durch, aber eben nicht ausreichend der für die Pflanzen lebensnotwendigen UV- Strahlung. Selbst die über vier Etagen gezogene gläserne Stehwand kann da nicht ausreichend Abhilfe schaffen. Als Folge davon müssen diese Zitruspflanzen regelmäßig ausgetauscht werden, um das gewünschte Bild zu erhalten. Für den Feigenbaum wiederum ist ausreichend Licht vorhanden, er zeigt sich in sattem Grün und fruchtet. Die alten handverlesenen Olivenbäume halten durch, allerdings sind die neuen Triebe etwas weich.

Grüne Denker-Ecke

Auffällig ist die strikte Trennung von begrünten und grünfreien Zonen in den Gebäuden. Grün findet nur in den Gärten statt. Einzig in den Raucherräumen trifft man auf die mobile Variante, quasi als lebende Rauchverzehrer. Die mit Vulkaponic, einem mineralischen Substrat mit Aktivkohle gefüllten Gefäße, sollen die Raumluft filtern.

Die Gärten bieten den Mitarbeitern angenehme Erholungsräume in den Pausen. In drei Gärten sind die Holzdecks mit Sitzmöglichkeiten so gestaltet, dass sie sich im Außenbereich direkt fortsetzen. Weniger stark ist das Bedürfnis ausgeprägt, Besprechungen ins Grüne zu verlagern. „Eigentlich schade“, findet Monika Grave, die als Abteilungsdirektorin Zentralbereich Vorstand auch die PR-Abteilung und das Veranstaltungsmanagement unter sich hat. Sie zieht sich mit ihrem Team gern zum Brainstorming in eine grüne Denker-Ecke zurück. „Im Grünen kommen uns viel leichter gute Ideen. Vielleicht sollten wir das intern etwas stärker kommunizieren.“ Allerdings bieten die Gärten auch wenig Raum für Team-Meetings. Dazu wären weitere Sitz- und Besprechungsecken im Grünen nötig. Der repräsentative Charakter überwiegt und wird von Grave auch gerne für kleine Veranstaltungen oder Empfänge auf Geschäftsführungsebene genutzt. „Die Teilnehmer empfinden es als sehr angenehm, geschäftliche Besprechungen mit einem kleinen Imbiss in mediterraner Atmosphäre ausklingen zu lassen. Sie sind dann ganz begeistert von unseren Möglichkeiten.“ Zudem, so Grave weiter, sind auch die Besprechungs- oder Schulungsräume so platziert, dass sie den Blick auf die Gärten freigeben. „Natürlich sitzen wir immer mit dem Rücken zum Fenster, unsere Gäste haben den freien Blick nach draußen.“

LBS Hannover Beliebter Treffpunkt ist die Cafeteria im Eingangsbereich. Unter Ficus bellinger kommt schon ein wenig Sommerferien-Feeling auf. Das ist gut für das Wohlbefinden, für die Arbeitsmotivation und auch für das Wir-Gefühl. Und das „Wir“ der LBS leuchtet in großen roten Buchstaben direkt vor dem schwarzen Granit. Ganz in der Nähe ist ein Trophäenschrank platziert. Die Pokale der Drachenboot-Mannschaften stehen dort und auch die Auszeichnung für den gelungen Firmengarten!

Matthias Donners – Jahrbuch Grüne Stadt (Soll-Verlag)